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Aus den Notizen eines Vagabunden
67. bis 90. Tausend
1922
Verlag der Literarischen Anstalt
Rütten & Loening
Frankfurt a. M.
Alle Rechte, besonders das der Übersetzung, vorbehalten.
Copyright 1920 by Literarische Anstalt Rütten & Loening, Frankfurt a. M.
Die Einbandzeichnung ist von Walter Tiemann.
Druck der Spamerschen Buchdruckerei in Leipzig.
Die holländische Ausgabe im Verlag »Patria«, Amersfort.
Kapitelfolge
Seite | |
Der Tod | 7 |
Das Meer | 109 |
Eines Morgens machte ich die Entdeckung, daß sich amDeckleder eines meiner Stiefel eine Naht zu lösen begann,so daß eine Spalte klaffte, wenn ich den Fuß streckte. Essetzte mich in Erstaunen, da meine Stiefel, mit Ausnahmeder Sohlen, eigentlich noch in einem recht brauchbarenZustand waren, zumal, wenn man nicht absichtlich denBlick auf die Absätze richtete, die nicht mehr ganz gradeaussahen. Da ich damals eine für meine Verhältnisse undAnsprüche angesehene Stellung in einer Buchdruckereibekleidete, mußte ich Wert auf meine äußere Erscheinunglegen und begab mich deshalb zu einem Schuhmacher,der Stevenhagen hieß und in der Nähe meiner Behausungauf einem Hofe wohnte.
Er war, wie alle Schuhmacher, ein Mann von Nachdenklichkeitund Bildung, besonders für die erste seinerEigenschaften gaben meine Stiefel ihm Gelegenheit. Erhielt sie mit einer Unnachsichtigkeit ans Licht, die etwasRohes an sich hatte, und sah mich dann mit einem Ernstan, der meiner Meinung nach in keinem Verhältnis zurBedeutung des vorliegenden Falls stand.
»Es handelt sich vorläufig nur um die Naht, ichspringe nur eben so auf meinem Weg zu Ihnen herein«sagte ich.
»So,« antwortete er mit genauer Beachtung meinerWorte, »lange werden Sie auf diesen Stiefeln nichtmehr springen.«
Der Mann war ohne Takt, er sprach nur zur Sache,ohne in Betracht zu ziehen, daß zu dieser Sache auch einePerson gehörte. Zudem kostete er die zufällige Überlegenheit,die die Lage ihm einbrachte, zu auffällig aus. Ichhätte auch vielleicht besser daran getan, nichts davon zusagen, daß ich nur auf einen Sprung zu ihm gekommensei. Wenn ich die Stiefel mürrisch und wortlos hingehalten,ins Zimmer gespuckt und geflucht hätte, so wäreihm von mir und meinen Stiefeln ein Gesamtbild entstanden,das er besser überblickt und ohne inneren Widerstandhingenommen hätte. Offenbar war er jetzt der Meinung,daß ich beabsichtigt hatte, mehr zu scheinen, als ichwar, daß ich gewissermaßen den schlimmen Zustand meinerBekleidung als zufällig hinzustellen beabsichtigte, und michfür etwas besseres hielt, als andere L