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Daniel Defoe

Die Pest zu London

Signet

Daniel Defoe

Die Pest zu London

1925

München bei Georg Müller


Übersetzt von Heinrich Steinitzer

Copyright 1925 by Georg Müller Verlag
A.-G., München / Printed in Germany


[5]

Es war 1664, um den Anfang des September,als ich gesprächsweise von meinen Nachbarn hörte,daß die Pest in Holland von neuem ausgebrochenwäre. Sie war dort im vorhergehenden Jahre sehrheftig aufgetreten, besonders in Amsterdam undRotterdam, wohin sie nach einigen aus Italien,nach andern aus der Levante mit Waren, die dietürkische Flotte heimgebracht hatte, eingeschlepptworden war. Noch andere behaupteten, sie wärevon Kandia oder Zypern gekommen. Nun, wohersie kam, wollte wenig bedeuten, aber darin, daßsie wieder nach Holland gekommen war, stimmtenalle überein.

Damals gab es bei uns noch keine gedrucktenZeitungen, um Gerüchte und Neuigkeiten zu verbreiten,die dann durch die Phantasie der Leuteweiter ausgeschmückt wurden, wie es nach meinerErfahrung seither der Brauch geworden ist. Neuigkeitenerfuhr man durch die auswärtigen Korrespondenzender Kaufleute; sie verbreiteten sichdann auf mündlichem Wege weiter, aber natürlichnicht gleich über das ganze Land, wie es jetztder Fall ist. Trotzdem scheint die Regierung ganz[6]genau unterrichtet gewesen zu sein. Sie hielt mehrereSitzungen ab, um über die Mittel zu beraten,das Herüberkommen der Seuche zu verhindern,aber dies alles wurde ganz heimlich betrieben. Dahergeriet das Gerücht allmählich wieder in Vergessenheit,und die Leute hielten dafür, daß es sieeigentlich nicht viel anging und hoffentlich garnicht wahr wäre. Bis gegen Ende November oderAnfang Dezember zwei Männer, angeblich Franzosen,in Longacre oder am obern Ende der Drurylane-Straßean der Pest starben. Die Leute, beidenen sie gewohnt hatten, versuchten es soweitals möglich zu verheimlichen, da aber durch dasGeschwätz der Nachbarschaft doch etwas herumgekommenwar, erfuhren auch die Staatssekretäredavon. Sie ließen es sich angelegen sein, Nachforschungenanzustellen, und schickten, um die genaueWahrheit zu erfahren, zwei Ärzte und einenWundarzt in das betreffende Haus zur Untersuchung.Da durch diese überzeugende Merkmaleder Krankheit bei beiden Leichen festgestellt wurden,gaben die Ärzte ihr Urteil öffentlich ab, daßsie an der Pest gestorben waren. Dies ging an denKirchspielschreiber weiter, der es dem Magistratbehändigte. In dem wöchentlichen Sterblichkeitsregisterwurde es dann in der üblichen Weise abgedruckt:

Pest: 2. Verseuchte Kirchspiele: 1.

Die Leute wurden darüber sehr bestürzt und gerietenin der ganzen Stadt in Aufregung, um somehr, als in der letzten Dezemberwoche noch ein[7]anderer Mann in demselben H

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