Neue gesammelte Erzählungen
von
Friedrich Gerstäcker.
Erster Band.
Leipzig,
Arnoldische Buchhandlung.
1869.
Seite | |
1. Den Teufel an die Wand malen | 1 |
2. Booby-island | 176 |
3. Zacharias Hasenmeier's Abenteuer | 225 |
4. Das Hospital auf der Mission Dolores | 280 |
5. Eine Polizeistreife in Cincinnati | 330 |
In seinem kleinen Atelier, drei Treppen hoch inder Osterstraße, stand der junge Maler Ernst Tautenauauf einer Art von Treppenleiter, die Kohle inder Hand, und entwarf auf der weiß getünchten Seitenwandeine groteske Figur in übermenschlicher Größe.
Es schien eine Art von Faun zu sein – ein nichtunschöner Kopf, aber mit gierig lüsternem Blick, undbreiten, sinnlichen Kinnbacken – der nackt, nur miteinem breiten Gürtel von Weinlaub und – sonderbarerWeise Spielkarten um die Hüften, trotzdem einpaar große Epauletten auf den bloßen Schultern trug,aber in der Hand ein großes Herz hielt, wie man siewohl von Pfefferkuchen macht, und eben im Begriffstand dasselbe auseinander zu brechen.
Er war noch eifrig mit der Ausführung der Figurbeschäftigt, als sich, ohne vorheriges Anklopfen, dieder Wand gegenüber liegende Thür öffnete, und ein junger Mann mit breitrandigem schwarzen Filzhut,den Zipfel des langen blauen Mantels über die linkeSchulter geschlagen, dabei mit vollem weichen braunenBart und ein paar großen ehrlichen Augen, lachendauf der Schwelle stehen blieb, und das neu erstehendeWerk des Freundes betrachtete.
»Alle Wetter Ernst,« rief er dabei, »was malstDu denn da? ich glaube gar »den Teufel an dieWand.« Was fällt Dir denn ein?«
»Du könntest am Ende Recht haben, Frank,« sagteder Angeredete, der kaum den Kopf nach dem Eintretendenwandte, und sich auch in seiner Arbeit nichtstören ließ. »Der Bursche ist in der That mehrTeufel als Faun und eine kleine Aenderung kann danachhelfen.« Noch während er sprach wuchsen derGestalt an der Wand ein paar kurz aufsteigende spitzeHörner und zwischen den Kartenblättern und demWeinlaub krümmte sich ein, mit einem dicken Haarbüschelversehener Schweif heraus.
»Hahaha,« lachte Frank, »der Teufel mit Epauletten– gewissermaßen in Generals-Uniform beigroßer Gala – die Idee ist nicht schlecht. Aber,Menschenkind, was soll die Spielerei? oder arbeitestDu im Auftrag irgend eines Ministeriums, um vielleichtFrescobilder für einen Ständesaal zu entwerfen?«
»Und kennst Du den Burschen nicht?«
»Wen? Seine höllische Majestät mit dem Pfefferkuchen-Herzin der Hand? – Das muß gut zu demSchwefel schmecken?«
»Ich meine das Gesicht.«
»Hm, in dem Gesicht liegt in der That etwas Bekanntes,«sagte Frank, es jetzt aufmerksamer b