Die Geschichte einer Bombe

Von B. Traven, Tamaulipas (Mexiko)

In: Simplicissimus. Illustrierte Wochenschrift. München 1925, H. 20, S. 290-292.

Der Indianer Eduardo Llaca hatte drei hübsche Töchter.Alle drei heiratsfähig; die jüngste dreizehn, die älteste sechzehnJahre alt.

Eines Tages kam zu ihm der Indianer Guido Salvatore,der hier am Orte mehrere Wochen im Busch gearbeitet undfür etwa fünfzig Pesos Holzkohle gebrannt hatte. Nachdemer sich ein neues Hemd, eine neue Hose und einen neuen Hutgekauft, sowie der alten Negerin, bei der er in Kost gewesenwar, die Rechnung bezahlt hatte, blieb ihm nicht viel übrig.

Am Samstag war Tanz gewesen, der bis zum Morgengedauert hatte. In dieser Nacht war Salvatore mit den dreihübschen Mädchen bekannt geworden; es war ihm leider nursehr selten gelungen, mit ihnen zu tanzen, weil die anderenBurschen immer viel flinker waren als er.

Den Sonntag hatte er gebraucht, um einen Gedanken zubekommen. Und dieser Gedanke arbeitete an ihm Montag,Dienstag und Mittwoch. Am Donnerstag war der Gedankeso reif geworden daß er am Freitag klare Gestalt annehmenkonnte und seinen Erzeuger am Samstag zu jenem Vater führte.

„Welche willst du denn haben?“ fragte Llaca.

„Diese da!“ sagte Salvatore, wobei er auf Bianca zeigte,die gerade vierzehn Jahre alt war und die das hübschesteGesicht hatte.

„Das glaube ich dir, die würde dir wohl schmecken!Wie heißt du denn übrigens?“

Nachdem Salvatore seinen vollen Namen, den er wohlnennen, aber nicht buchstabieren konnte, hergesagt hatte, fragteihn der Vater, wieviel Geld er habe.

„Achtzehn Pesos“, sagte er. Das war doppelt so viel, alser wirklich besaß.

„Da kannst du Bianca nicht haben; ich brauche eine neueHose, und die Alte hat keine Schuhe. Wenn du so hoch hinauswillst, Bianca zu heiraten, können wir nicht in Lumpenherumlaufen. Eine Hose für mich und ein Paar Schuhe fürdie Alte – oder wir können dich in der Familie nicht gebrauchen.Gib mir mal Tabak!“

Nachdem die Zigaretten gerollt und angezündet waren,sagte Salvatore: „Ich kann auch die da nehmen!“ Damitzeigte er auf Elvira, die älteste unter den dreien.

„Du bist nicht dumm, Salvatore. Sage, hast du dennArbeit?“

„Ich habe einen Esel.“

„Kein Pferd?“

Diese Fragen nach seinem Vermögen setzten Salvatoreein wenig in Verlegenheit. Er spuckte ein paarmal aus undsagte dann: „Ich habe einen Onkel, der arbeitet in einerMine bei Torreon. Da gehe ich rauf, wenn ich eine Frauhabe, und warte, bis ich auch in der Mine arbeiten kann.Man kann dort leicht drei Pesos den Tag verdienen.“

„Drei Pesos ist hübsches Geld“, sagte der Alte. „Aberdie achtzehn Pesos, die du hast – damit können wir nichteinmal die Hochzeit machen.“

„Soviel kann die doch gewiß nicht kosten! Einen Pfarrerkönnen wir nicht nehmen, und die Lizenz für das Standesamtkönnen wir auch nicht bezahlen.“

„Freilich nicht,“ sagte der Alte, „soviel Geld gibt es garnicht. Aber wir müssen doch wenigstens zwei Musikantenhaben für den Tanz und zwei Flaschen Tequila, sonst sagendie Leute uns nach, Elvira sei überhaupt gar nicht verheiratet,sondern sei nur mit dir davongelaufen. Und so etwas machenmeine Töchter nicht. Warte nur darauf nicht – du könntestsonst alt werden!“

Es wurde dann hin und her gerechnet, daß Salvatorenoch drei Wochen oder vier im Busch Kohle brennen müsse,um das Geld für die Musikanten zusammen zu haben, wieauch für den Tequila, für ein Kilo Kaffee, drei Kilo Zucker,ein Paar Schuhe für die Mutter und eine Hose für denVater. Als er damit einverstanden war, wurde ihm

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