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Cotta'sche Handbibliothek
Ein dramatisches Gedicht
von
Friedrich von Schiller
Mit einer Einleitung von Karl Goedeke
Erster Teil
Wallensteins Lager – Die Piccolomini
Stuttgart und Berlin
J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger
A. g. XIII.
Länger noch als am Don Carlos arbeitete Schiller am Wallenstein.Mitten in der Ausarbeitung seiner Geschichte des DreißigjährigenKrieges für den Damenkalender, schon im Mai 1792, regtesich die Lust, diesen Stoff dramatisch zu behandeln. Doch erst imMärz des Jahres 1794 begann er, damals mit seiner Familie inStuttgart lebend, einen Plan auszuarbeiten, der jedoch nach seinerRückkehr nach Jena liegen blieb und nach Verlauf von vollen zweiJahren noch nicht zur Ausführung gediehen war. Am 22. Oktober 1796begann er die Arbeit mit Eifer und widmete ihr bis zum 17. März1799, die Unterbrechungen abgerechnet, volle zwanzig Monate.
Der Stoff war überaus spröde und hatte beinahe alles, wasihn von dramatischer und tragischer Behandlung ausschließen sollte,da es im Grunde eine Staatsaktion war, die in Rücksicht auf denpoetischen Gebrauch alle jene Unarten besaß, die eine politische Handlungnur haben konnte: ein unsichtbares abstraktes Objekt, kleineund viele Mittel, zerstreute Handlungen, einen furchtsamen Schritt,eine für den Vorteil des Poeten viel zu kalte trockene Zweckmäßigkeit,ohne doch diese zur Vollendung und dadurch zu einer poetischenGröße zu treiben; denn am Ende mißlang der Entwurf Wallensteinsnur durch Ungeschicklichkeit. Die Basis, auf die Wallenstein seineUnternehmungen gründete, war die Armee, mithin für den Dichtereine unendliche Fläche, die er nicht vor das Auge und nur mit Aufwandgroßer Kraft vor die Phantasie bringen konnte; er konnte alsodas Objekt, auf dem Wallenstein ruhte, nicht zeigen und ebensowenigdas, wodurch er fiel: die Stimmung der Armee, den Hof, den Kaiser.Auch die Leidenschaften selbst, durch die er bewegt wurde, Rachsuchtund Ehrbegierde, waren von der kältesten Gattung. Sein Charakterendlich war niemals edel und durfte es nie sein, und durchauskonnte er nur furchtbar, nie eigentlich groß erscheinen; um ihn nichtzu erdrücken, durfte ihm nichts Großes gegenüber gestellt werden;dadurch wurde der Dichter notwendig niedergehalten, dem somit fastalles abgeschnitten erschien, wodurch er dem Stoffe nach seiner gewohnten Art hätte beikommen können; von dem Inhalte hatte erfast nichts zu erwarten. Alles mußte durch eine glückliche Formbewerkstelligt werden, und nur durch eine kunstreiche Führung derHandlung war der S